Zauberwald Verlag

Ostern im Zauberwald

 

Die kalten Nächte waren vorüber, und der Schnee hatte sich in seine Höhle unter den Frostbergen im Norden zurückgezogen, um Sommerschlaf zu halten. Die ersten Blumen reckten ihre Blüten den wärmenden Sonnenstrahlen entgegen, die zärtlich durch das noch kahle Geäst des Zauberwaldes auf den weichen Waldboden fielen (platsch!).

Die Osterglocken steckten ihre Köpfe zusammen und tauschten den neuesten Klatsch des Zauberwaldes aus, und die Häschen putzten sich noch schnell das Näschen mit dem Kohlblatt-Taschentuch, nahmen Tafel, Stift und Buch, und machten sich auf den Weg zur Häschenschule.

Mißmutig erwachte der kleine Komolze™. Er gähnte ganz fürchterlich und blinzelte den Sonnenstrahlen entgegen, die durch sein Wurzelfenster in die Höhle drangen. Von Spinnenweben in der Nase gekitzelt, mußte er ungeheuerlich laut niesen, und er ärgerte sich über Amsel, Drossel, Fink und Star, und die ganze Vogelschar, die wieder frühmorgens ihre schrecklichen Gesänge anstimmte.

Verschlafen wälzte sich der kleine Komolze™ aus dem Bett und kochte sich einen großen kupfernen Kessel voll Kaffee. Während er lustlos an seinem Honigbrot knabberte, trauerte er noch seinen brutal beendeten Träumen nach. Und wer war schuld daran? Natürlich die Vögel, dieses elende Schnabelvieh, das einem die Terrasse vollscheißt und dermaßen penetrant mit dem Kopf nickt, daß einem, wenn man es beobachtet, unweigerlich schwindlig wird.
Es war höchste Zeit, daß er, der kleine Komolze™, dagegen etwas unternahm!

Und während sich die Häschen zu Osterhasen ausbilden ließen, kam dem kleinen Komolzen™ die Erleuchtung: er mußte das Übel an seiner Wurzel bekämpfen. 
Seine Logik war wahrlich bestechend: 
viele Vögel = viel Geschrei; viele Eier = viele Vögel; => keine Eier = keine Vögel = Ruhe. 

Doch wie sollte er diese Aufgabe bewältigen? Eine Zeit lang amüsierte er sich mit Eier-Weitwurf, doch auf Dauer war dies keine ökonomische Lösung. Einen großen Teil der gesammelten Eier brachte er deshalb zur Häschenschule, um deren Unterricht zu bereichern. "Und der Häschen Augen strahlten, als sie lernten Eiermalen, und sie färbten die Eier, weiß und rund, mit den schönsten Farben bunt." Der kleine Komolze™ erkannte schnell, daß es sich dabei um eine große Kunst handelte, und weise erklärte ihm der Lehrer: "Wer's nicht kann, der darf auf Erden nie ein Osterhase werden."

Doch leider wurde der kleine Komolze™ nicht alle Eier in der Häschenschule los - genau sechzehn große Hühnereier waren noch übriggeblieben. Für sie wählte er die ihm angenehmste Art der Vernichtung: das Verspeisen. Er beschloß, die Eier schön hartzukochen und dann aufzuessen. Als er sie jedoch nach einer kleinen Ewigkeit aus dem gesalzenen Wasser nahm, kam ihm das Ganze irgendwie zu langweilig vor. Der Frühling hatte seine Kreativität geweckt, und so begann er eifrig, mit verschiedenen Zutaten zu experimentieren. Nachdem er diverse Versuche aus dem Fenster gekippt hatte, ersann er schließlich eine wohlschmeckende Zusammenstellung:

Er kochte drei Pfund geschälter und zermanschter Tomaten in seinem großen Kupferkessel, bis fast ihre gesamte Flüssigkeit verdampft war. Mit Salz und Pfeffer, sowie dem Pulver der scharfen Paprika und ein wenig Zucker schmeckte er den Tomatenbrei kräftig ab.

Dann holte er aus seiner Speisekammer zwei kleine Tonkrüge. Darin hatte er vor langer Zeit die erbsengroßen grünlichbraunen Blütenknospen des Kapernstrauchs, der in seinem Garten wächst, in einer Mischung aus Wasser, Branntweinessig und Salz eingelegt. In seinem Kräutergarten pflückte er zwei Bund Petersilie, wusch diese im nahen Bächlein und hackte sie mit seinem größten Messer klein. Die Kapern goß er ab und rührte sie zusammen mit der Petersilie, sechs Eßlöffeln Olivenöl und einer Handvoll Oregano unter die Sauce. Dazu kochte er zwei Pfund Nudeln, und als alles gar war, verteilte er die Nudeln auf acht Holzteller, goß jeweils etwas Sauce darüber und garnierte jeden Teller mit vier Eierhälften.

Als Krönung bestäubte er die Eier mit etwas Cayennepfeffer und genoß das köstliche Mahl gemeinsam mit Fritz Koch-Gotha und Albert Sixtus, Hasenhans und Hasengretchen, der geschwätzigen Osterglocke Irma (die vor lauter Reden kaum zum Schlucken kam), Obi-Wan Kenobi und dem weisen Yoda.